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EVG-Warnstreik: Unmut bei DB-Wettbewerbern und Logistikern

12.05.2023 16:11 Uhr
Streikende in München Hbf
© Foto: EVG

In der Logistik- und Bahnbranche mehrt sich der Unmut darüber, dass der EVG-Warnstreik auch vom eigentlichen Arbeitskampf nicht betroffene Verkehrsunternehmen in Mitleidenschaft zieht, weil die DB-Infrastruktursparte offenbar vorsorglich den Betrieb komplett einstellt.

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„Man stelle sich das Szenario mal so vor: Verdi würde mit einem Teil der Beschäftigten streiken und im ganzen Land Telefon- und Internetleitungen lahmlegen. Das Management der Telekommunikationsanbieter würde per rechtzeitig gedruckter Zeitung einen vollständigen Sendestopp bekanntgeben und nichts unternehmen, um das Angebot aufrechtzuerhalten“, erklärte „Güterbahnen“-Geschäftsführer Peter Westenberger am Freitagnachmittag. „Von den Kundinnen und Kunden der Infrastruktur der Eisenbahn wird verlangt, einen solchen Totalausfall und die Untätigkeit der DB Netz einfach hinzunehmen und die Schäden zu tragen.“
Zusammen mit dem Wettbewerbsbahn-Verband Mofair und dem Fahrgastverband Pro Bahn fordern „Die Güterbahnen“ daher, das Thema zügig im Verkehrsausschuss des Bundestages politisch aufzuarbeiten. „Gerade mit Blick auf die neue gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft muss klar werden, welche Rolle diese Gesellschaft in künftigen Ausständen einnimmt und welche Verpflichtung ihr zufällt, kritische Infrastruktur und das Monopol Schienennetz auch während besonderer Vorkommnisse wie Streiks weiterzubetreiben. Wenn die gesetzliche Betriebspflicht aus dem Allgemeinen Eisenbahngesetz nicht durchsetzbar ist und Gewerkschaften folgenlos jegliche Notdienst-Vereinbarung ablehnen können, wird die Politik über gesetzliche Regelungen sprechen müssen. Verbindliche Streikfahrpläne wie in Italien oder die verpflichtende Anmeldung von Personalen zum Streik mit ausreichendem Vorlauf wie in Belgien könnten dann ein Vorbild sein.

Zuvor hatte schon der Speditionsverband DSLV davor gewarnt, dass die Tarifauseinandersetzungen nicht nur wirtschaftliche Schäden für Eisenbahnverkehrsunternehmen, Speditionshäuser und ihre Logistikkunden verursachen, sondern auch für einen nachhaltigen Vertrauensverlust der Logistikakteure in den Schienengüterverkehr sorgen. Dessen Qualität leide ohnehin schon durch wiederkehrende technische Störungen des Schienennetzes und Infrastrukturschwächen. „Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene ist als eine wesentliche Säule der Verkehrswende angedacht. Gerade in einer Zeit, in der Politik und Logistik auf die Schiene setzen wollen und müssen, wird deren Leistungsfähigkeit zusätzlich geschwächt. Die stets wiederkehrenden Arbeitskämpfe bedrohen damit indirekt auch die Nachhaltigkeitsziele.“

Die mit der EVG konkurrierende Bahngewerkschaft GDL verteidigte zwar grundsätzlich das Streikrecht der Eisenbahnbeschäftigten, nahm nach eigener Aussage aber „mit großer Verwunderung“ zur Kenntnis, dass die DB den Warnstreik zum Anlass nimmt, den Eisenbahnbetrieb in Deutschland erneut komplett einzustellen. „Es ist in höchstem Maße unglaubhaft, dass der Konzern nicht in der Lage sein soll, den Grundbedarf an Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr über Notfallpläne zumindest abzusichern.“ Offenkundig bestehe seitens der DB wenig oder gar kein Interesse, den nicht von den Arbeitskampfmaßnahmen betroffenen Unternehmen im Sinne des Systems Eisenbahn und ihrer Kunden auch nur ein Mindestmaß an Eisenbahnverkehr in Deutschland zu ermöglichen. Die GDL äußerte den Verdacht, dass die DB mittels der Kollateralschäden „eine Marktbereinigung zu Lasten der Wettbewerbsbahnen anstrebt“.

Im Übrigen sei die Einstellung des Schienenverkehrs nicht notwendig. „Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass der Arbeitgeber zu dieser Maßnahme gezwungen wäre. Ohne allzu großen Aufwand ließe sich der Netzbetrieb aufrechterhalten und viele ICE-Züge könnten weiterfahren. Zudem gibt es bei DB Netz noch verbeamtete sowie eine Vielzahl arbeitswilliger Kollegen“, teilte die GDL weiter mit. „Zudem sollte es bei einer solchen Vorlaufzeit doch möglich sein, einen Notbetrieb aufrechtzuerhalten“, sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky. „Bei den vergangenen Streikmaßnahmen der GDL ging das ja auch.“ (roe)

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