Vor der Bundestagswahl am Sonntag klagen die deutschen Reedereien über Berichtspflichten. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg verweist darauf, dass Schifffahrtsunternehmen Daten auf nationaler, europäischer und globaler Ebene melden müssten. Angaben müssten oft mehrfach eingetragen werden. Es gebe unterschiedliche Systeme und abweichende Fristen.
Der VDR spricht von „Bürokratieflut“ und unzumutbarem Aufwand. Der Verband fordert, die Vorschriften zu vereinfachen. Die neue Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen. „Unsere Unternehmen können sich keine eigene Abteilung für Bürokratie leisten“, sagt Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer des VDR, und ergänzt: „Sie sollen sich auf den Transport von Waren und natürlich auch auf den Klimaschutz konzentrieren – nicht aber auf unnötige Bürokratie und die Suche nach dem richtigen Online-Portal für diverse unterschiedliche Berichte. Wir brauchen dringend eine Initiative zur Verschlankung der Berichtsflut und zum Verzicht auf europäische Sonderwege.“
Der VDR erklärt den Arbeitsaufwand unter anderem mit mehreren EU-Gesetzen, an die die Reedereien sich halten müssen. Diese regeln die Aufnahme der Schifffahrt in den Emissionshandel, die Treibhausgasintensität von Treibstoffen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Bürokratie statt Navigation
Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht die Dimension: Die norddeutsche Familienreederei Rambow betreibt in Europa zwölf Containerschiffe und weltweit zwei Mehrzweckschiffe, die eine Vielzahl an Waren wie Elektronik, Maschinen und chemische Produkte transportieren. „An Bord verbringen wir mittlerweile fast mehr Zeit mit Bürokratie als mit unserem eigentlichen Job, wie der Navigation und Instandhaltung der Schiffe. Wir müssen Emissionsdaten in viele verschiedene Systeme eintragen, jedes mit eigenen Anforderungen und Fristen. Der Aufwand ist für die Offiziere neben dem operativen Tagesablauf kaum noch zu bewältigen“, kritisiert Kapitän Manfred Hirsch.
Malte Rambow aus dem Management der Reederei beschreibt die Auswirkungen aus der Perspektive des Unternehmens: „Unser Reedereigeschäft wird zunehmend durch Bürokratie ausgebremst. Wir sehen uns mit einer Flut regionaler Sondervorschriften, stetig wachsenden Anforderungen und oft unklaren Berichtspflichten konfrontiert. Diese Belastung bedroht unsere Wettbewerbsfähigkeit und drängt unser Kerngeschäft – den Transport von Waren auf See und die Betreuung des Schiffsbetriebs von Land aus – immer mehr in den Hintergrund.“
Kleine und mittelständische Reedereien machen dem VDR zufolge 80 Prozent der deutschen Schifffahrt aus. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund 200 Mitgliedsunternehmen, die den größten Teil der deutschen Handelsflotte stellten.
(dpa/ab)