Binnenhäfen fordern klare Investitionssignale und Planungssicherheit

13.10.2025 14:06 Uhr | Lesezeit: 3 min
Marcel Lohbeck (Geschäftsführer BÖB), Christian Hirte (Parlamentarischer Staatssekretär im BMV und MdB) und Joachim Zimmermann (BÖB-Präsident)
Marcel Lohbeck (Geschäftsführer BÖB), Christian Hirte (Parlamentarischer Staatssekretär im BMV und MdB) und Joachim Zimmermann (BÖB-Präsident)
© Foto: Christian Lietzmann

Auf der Jahrestagung des BÖB in Berlin betonten Vertreter aus Politik und Hafenwirtschaft die Bedeutung verlässlicher Rahmenbedingungen für Binnenhäfen. Im Fokus standen Investitionen, Digitalisierung und die Zukunft der Infrastruktur.

Rund 90 Fachleute aus Hafenwirtschaft, Politik und Verwaltung diskutierten auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) am Donnerstag, den 9. Oktober, über die Zukunft der Binnenhäfen. Neben der Mitgliederversammlung bot eine erstmals durchgeführte Open Session Einblicke in innovative Projekte aus den Bereichen Digitalisierung und Logistik. Den Abschluss bildete ein Netzwerkabend mit einer Keynote von Christian Hirte, MdB und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (BMV).

Hirte würdigte die „seit Jahren sehr konstruktive Zusammenarbeit von BMV und BÖB“ und betonte die Rolle des Verbandes bei der Entwicklung der Nationalen Hafenstrategie. Besonders hob er das Förderprogramm IHATEC hervor, das laut Hirte „starke Innovationsimpulse in die Hafenwirtschaft“ setzt. Das Projekt RAIN (Inland Ports Readiness for Automated Inland Navigation) wird dabei mit über 800.000 Euro unterstützt. Gleichzeitig verwies Hirte auf bestehende Herausforderungen bei der Finanzierung von Wasserstraßen und Hafeninfrastruktur und betonte, dass „im Bundesverkehrsministerium die Mehrbedarfe für die Wasserstraßeninfrastruktur gesehen werden“.

Binnenhäfen als Rückgrat der Industrie

Joachim Zimmermann, Präsident des BÖB und Geschäftsführer von bayernhafen, unterstrich die volkswirtschaftliche Bedeutung der Binnenhäfen: „Binnenhäfen sind weit mehr als Umschlagplätze – sie sind Logistikdienstleister, Wachstumsmotoren und Rückgrat unserer Industrie.“ Laut Zimmermann sichern deutsche Häfen über fünf Millionen Arbeitsplätze und generieren eine Wertschöpfung von mehr als 130 Milliarden Euro jährlich.

Trotz positiver Aussagen im Koalitionsvertrag zur Hafenwirtschaft kritisierte Zimmermann die Diskrepanz zwischen politischen Absichtserklärungen und tatsächlicher Investitionspraxis. „Trotz Sondervermögen (SVIK) werden Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße gekürzt – die Wasserstraße bleibt im SVIK sogar ganz außen vor.“

Investitionsbedarf und rechtliche Klarheit

Zimmermann forderte eine „glaubhafte Investitionsoffensive“, eine Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren sowie gezielte Maßnahmen zur Modernisierung der wasserseitigen Infrastruktur. Rechtliche Ausnahmeregelungen und Vereinfachungen müssten gesetzlich verankert und verbindlich geregelt werden.

Für die kommenden zehn Jahre bezifferte der BÖB den Investitionsbedarf auf rund drei Milliarden Euro – insbesondere für Projekte im Bereich Energiewende, Kreislaufwirtschaft und Military Mobility. Ein verfassungskonformer Entwurf für ein Bund-Länder-Förderprogramm liege vor, doch der Bund ziehe sich zunehmend aus der Mitverantwortung zurück. Selbst das Innovationsprogramm IHATEC sei nicht langfristig gesichert.

„Wir erwarten keine Wunder“, so Zimmermann. „Aber wir brauchen klare Signale des Aufbruchs und der Verlässlichkeit. Ohne diese Signale wird das Vertrauen in den Standort Deutschland weiter sinken. Und das bedeutet: weniger Investitionen, weniger Arbeitsplätze, weniger Wohlstand. Die Infrastrukturfrage ist längst zur sozialen und demokratischen Frage geworden. Wir stehen bereit für eine lösungsorientierte Zusammenarbeit.“

Warnung vor Personalabbau bei der WSV

Am folgenden Freitag, den 10. Oktober, veröffentlichte der BÖB in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) und der Gewerkschaft Verdi die Bundesregierung auf, die geplante Kürzung von acht Prozent der Stellen bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bis 2030 zurückzunehmen.

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